Nachtaxierungen

von Claude Montandon

Taxierte Briefe nehmen in der Postgeschichte in verschiedener Hinsicht eine Sonderstellung ein. Einerseits interessieren die angewandten Taxen. In einer Anfangsphase wurden häufig Teilfrankaturen akzeptiert und die Taxe nur ergänzt (Abb.1). Daneben gab es Fälle, in welchen ungenügend frankierte Briefe in andere Länder gleich wie unfrankierte Sendungen behandelt wurden (Abb.2). Nach und nach setzte sich dann ab 1862 eine eigentliche «Straftaxe» durch, dies sowohl in der Schweiz als auch im Postverkehr mit den angrenzenden Ländern (Abb.3). Mit den Weltpostverträgen wurde dann dieses Prinzip weltweit festgelegt. Dabei wurde vom Empfänger in einer Anfangsphase die Taxe für unfrankierte Briefe unter Abzug der Frankatur und später der doppelte Fehlbetrag verlangt (Abb.4) Andererseits sind es geeignete Belegstücke, um einen Leitweg genau zu verfolgen. Da sie meistens einzeln versandt wurden, sind die verschiedenen Etappen normalerweise durch Stempel auf den Briefen dokumentiert. Auch findet man häufig Stempel und Vermerke, welche sich aus den entsprechenden Postverträgen ergeben.
Mit dieser Sammlung wird versucht, die verschiedenen Taxen und Portostufen aus der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts mit ungenügend frankierten Briefen zu belegen. Dabei wird der Ausdruck «nachtaxiert» bewusst breit ausgelegt, und es werden auch Teilfrankaturen sowie Nachsendungen berücksichtigt, welche zu einer Taxierung führten. Die Betrachtungsweise geht vom Empfänger aus, welcher in all diesen Fällen etwas zahlen musste. Die Sammlung enthält: ungenügend frankierte Briefe ins In- und Ausland, letztere vor und nach Gründung des Weltpostvereins, Transitbriefe sowie Nach- und Rücksendungen.



Abb. 1: Brief im 3.Rayon von Biel nach Basel. 10 Rp.Porto waren ungenügend, vom Empfänger wurde der Differenzbetrag von 5 Rp. erhoben.


Abb. 2: Brief von Nyon nach Ferney. Das Porto für einen einfachen Brief im Grenzrayon mit Frankreich betrug vom 1.7.1850 bis 30.9.1865 20 Rappen. Die Frankatur wurde nicht angerechnet, der Empfänger hatte 20 Centimes zu berappen. Der Schnörkelstempel steht für 2 Dezimen.


Abb. 3: Brief von Basel nach Altkirch Im Grenzrayon mit Frankreich kostete ein frankierter Brief vom 1.10.1865 bis 31.12.1875 20 Rp. Un- oder ungenügend frankierte Briefe waren 30 Rp., wobei die verwendete Frankatur in Abzug gebracht wurde. Dies ergibt eine Taxe von 20 Cts. für den Empfänger.


Abb. 4: Drucksache von Genf nach Allondans. Die Drucksachentaxe ins Ausland betrug 5 Rp. Der Fehlbetrag wurde nach den Regeln des Weltpostvereins verdoppelt. Interessanterweise hat dann die französische Post auf 5 Cts. abgerundet.

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