Bahnstempel

von Roland Müller


Meine Sammlungen umfassen Marken und alle möglichen Postsendungen mit Stempeln, welche direkt oder indirekt im Zusammenhang mit der Bahn stehen. Sie sind eng mit der Geschichte von Post und Bahn verbunden. Ich sammle dabei nicht nach Reglement, sondern einfach aus Freude an Motiven, wobei jedes Stück seine eigene Geschichte erzählen könnte. Auf ein Spezialgebiet, die Bahnstationsstempel (meist kurz als «Bahnstempel» bezeichnet) möchte ich näher eingehen.

Diese Datumsstempel gab es auf jedem Bahnhof. Vorerst existierte keine offizielle Regelung über deren Verwendung für Postsendungen. Dennoch findet man - wenn auch selten - Bahnstempel schon auf Strubel-Marken, sitzenden Helvetia und den folgenden Ausgaben. Dabei handelt es sich fast durchweg um Korrespondenz der betreffenden Bahnstation, welche zwecks beschleunigter Beförderung gleich abgestempelt und dem Postboten zur sofortigen Zustellung oder Weiterleitung übergeben wurde, statt zuerst noch den Umweg über das örtliche Postbüro zu nehmen.

1922 wurden dann in einem Abkommen zwischen Post und Bahn dem Bahnpersonal gewisse postdienstliche Aufgaben übertragen. In einer speziellen Anleitung wurde verfügt, dass
- die Auflieferung von uneingeschriebenen, frankierten Eilsendungen zur Beförderung mit dem nächsten Postzug bis 10 Minuten vor Zugsabfahrt gegen Entrichtung einer Aufgabegebühr von 20 Rappen bei den SBB-Stationen erfolgen kann; die Marken sind dann mit dem gewöhnlichen Bahndienststempel zu entwerten;
- wenn bei einzelnen Postzügen kein Postpersonal anwesend ist, die Leerung der Postbriefkästen durch das Bahnpersonal erfolgen kann; die Marken sind mit dem Bahndienststempel zu entwerten.

Diese Verordnung betraf vorerst nur die SBB. Die meisten Privatbahnen und einige Schiffsstationen folgten ihr aber bald einmal.

Auf den meisten Stationen wurden die Briefkästen am Sonntagabend durch das Bahnpersonal geleert, die Briefschaften abgestempelt und in einem verschnürten Sack dem Zugspersonal übergeben. Bei der fortschreitenden Rationalisierung wurden diese Dienstleistungen Ende der 90-er Jahre aufgehoben. Postsendungen mit Bahnstempeln gibt es heute nicht mehr.

Die folgenden Abbildungen zeigen eine kleine Auswahl von Bahnstationsstempeln in verschiedenen Formen. Stempelfarbe meist schwarz, es gibt aber auch violette, blaue, rote oder grüne Stempel.


TURGI, Bahnstationsstempel aus dem Jahr 1877 auf Tübli-Brief nach Stalden b. Brugg


Halbmondstempel der Bahnstation Affoltern (am Albis).


Dienstkorrespondenzkarte der Schweizerischen Nationalbahn, seltener Stempel der Station Dättwÿl


Güter-Aviskarte der SBB, Bahnstationsstempel Mägenwil.
Diese Karte wurde vermutlich direkt dem Briefträger übergeben, deshalb ist die Marke
ebenfalls mit dem Bahnstationsstempel und nicht mit dem Poststempel entwertet.


Bahnstationsstempel Gordola


Aushilfsstempel der SBB sind bisher kaum erforscht. Sie sind äusserst selten anzutreffen.


Güter-Aviskarte von Rupperswil.
Der Unterschied zwischen dem Bahnstationsstempel (unten links)
und dem Aushilfsstempel der Post (oben rechts) ist gut ersichtlich.



Dieser Stempel war bis am 15. März 1894 als Stempel der Schiffsstation in Gebrauch.


Der Anker wurde entfernt um den Stempel als Bahnstationsstempel zu verwenden.
Folgende Schiffsstempel wurden ebenfalls als Bahnstempel weiterverwendet:
Wollishofen, Horgen und Küssnacht


Der schöne Bahnstationsstempel von Wetzikon


Nachtaxierter Brief im Lokalrayon, Bahnstempel und Poststempel von Thalwil.
Der Brief wurde unfrankiert im Bahnhof-Briefkasten eingeworfen.
Er wurde vom Bahnpersonal abgestempelt und der Post übergeben.


Gummistempel von Dietikon


Das Flügelrad als Eisenbahnsymbol im Stempel der Station Worb-Dorf
der Privatbahn BERN-WORB (das berühmte blaue Bähnli nach Worb)


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